Therapie

Aufgaben der Logopädie im Trachealkanülen-Management

Alexander Fillbrandt Geschrieben von Alexander Fillbrandt · 2 Min. lesen >

Das Trachealkanülenmanagement ist immer ein interdisziplinärer Prozess an dem Logopäden, Ärzte, Pflegende, Patienten selbst und weitere Berufsgruppen beteiligt sind. Sie alle liefern Informationen, die ein Gesamtbild ergeben und damit die Grundlage für das weitere Vorgehen bilden.

Der Logopädie hat dabei eine besondere Stellung, denn hier sind die Profis in Bezug auf den Schluckakt, die Sicherung der Atemwege beim Schlucken und die Spezialisten für den Kehlkopf und die Muskulatur im Hals-Kopf-Bereich.

Aufgaben rund um die Trachealkanüle

Trachealkanülen sind in der Intensivmedizin ein wichtiges Medizinprodukt. Sie helfen bei der Beatmung und schützen zu einem gewissen Maße vor Aspiration. Zudem erleichtern sie die Bronchialtoilette und können bei Stenosen in den oberen Atemwegen helfen. Leider haben sie aber auch Nebenwirkungen. Beispielsweise Schluckstörungen, die durch eine Trachealkanüle entstehen können.

Die Aufgabe der Therapie und Pflege ist es, den Patienten von seiner Trachealkanüle zu entwöhnen. Dafür muss zum einen der Grund – also die Indikation für die Trachealkanüle – behandelt werden und zum anderen die Physiologie soweit trainiert werden, dass der Patient wieder ohne die Hilfe zurecht kommt.

Kölner Befundsystem für Schluckstörungen – Schwerpunkt Trachealkanülen-Management

beatmete Patienten

Die größte Problematik für die Logopädie besteht darin, dass eine Trachealkanüle das Entstehen von Schluckstörungen begünstigt. Das liegt daran, dass sie in anatomische Strukturen eingreift, die für den Schluckakt von Bedeutung sind. Sie lenkt die Atmung um und umgeht den gesamten Bereich aus Kehlkopf und Rachen. Damit verringert sich die Sensibilität im Pharynx, was zu schlechteren Schutzreflexen führen kann. Aber auch die Schutzfunktionen selbst – wie das Husten – sind mit einer geblockten Trachealkanüle nicht effektiv.

Der Schluckakt, das wissen wir aus der Dysphagie-Therapie, unterliegt dem Prinzip „use it, or lose it!“. Patienten mit einer Trachealkanüle schlucken seltener, durch die Kanüle selbst und durch den Umstand, dass sie mit einer geblockten Trachealkanüle dabei riskieren Tracheomalazien zu entwickeln oder häufiger aspirieren können.

Außerdem wird durch die Umlenkung der Luft eine Phonation unmöglich gemacht. Es strömt keine Luft durch den Kehlkopf. Für die Stimmgebung ist dies aber erforderlich. Ohne Stimme können Patienten mit einer Trachealkanüle also nicht verbalsprachlich kommunizieren.

Dysphagie-Patienten

Sofern Patienten auf Grund einer schweren Schluckstörung mit Trachealkanüle versorgt werden, kann die Trachealkanüle die Schluckstörung auch verstärken.

Man kann also festhalten, dass eine Trachealkanüle das Schlucken in jedem Fall verschlechtert, mindestens aber negativ beeinflusst. Daraus ergibt sich auch das Ziel der Therapie tracheotomierter Patienten: Schlucktraining – Dysphagie-Therapie. Bis zu welchem Maße dieses Schlucktraining auch mit Speisen und Getränken durchgeführt werden kann, hängt vom Stand des Patienten ab. In einem ganz erheblichen Maße auch von der Frage, welche Konsistenzen für den Patienten sicher oral zu verarbeiten sind.

Aufgaben der Logopädie

Was man daraus aber auch ableiten kann ist die Beteiligung der Berufsgruppe der Logopädinnen und Logopäden. Ihnen obliegt die Beurteilung des Schluckaktes und darauf basierend die Therapieplanung und Durchführung der Therapie. Klingt sehr simpel. Grundsätzlich ist es das auch, allerdings ist bereits die Befundung bei tracheotomierten Patienten unter Umständen schwieriger. Das trifft auch auf die Durchführung der Therapie zu.

Daneben muss bei Patienten mit Trachealkanüle immer wieder die Indikation für die Trachealkanüle hinterfragt werden. Zu schnell wird der Zeitpunkt verpasst, an dem beispielsweise ein beatmeter Patient die Trachealkanüle auf Grund eines erfolgreichen Weanings nicht mehr benötigt und noch keine relevante Dysphagie entwickelt hat. In der Folge einer prolongierten Tracheotomie ergibt sich eventuell eine sekundäre Dysphagie und damit eine neue Indikation für die Beibehaltung der Tracheotomie und Versorgung mit Kanüle. Das ist so schade wie in manchen Fällen vermeidbar.

Durch die enge Bindung an den Patienten und den konstanten Blick auf die Schluckfähigkeit, können Logopädinnen und Logopäden daher wertvolle Hinweise geben, wann eine Dekanülierung realistisch ist.

Diagnostik und Therapie

Regelmäßig durchgeführte Blau-Schlucke und videoendoskopische Schluckuntersuchungen bilden die Grundlage der Diagnostik und sind obligat.

Fundierte Diagnostik ist eine der Aufgaben der Logopädie. Die Planung der diagnostikgestützten Therapie eine weitere und die Durchführung der Therapie ebenso.

Speziellere Aufgaben

Durch die Diagnostik und Therapie sind die Logopädinnen und Logopäden besonders auch die richtigen Ansprechpartner, wenn es um die Wahl der Trachealkanüle geht. Schließlich können sie am besten beurteilen, wann eine Sprechkanüle möglich wird oder wann der Patient auch für längere Zeiträume mit einem Sprechventil versorgt werden kann.

Bei der Entscheidung, wann eine Dekanülierung sinnvoll erscheint, liefern sie in Anlehnung an ein standardisiertes Dekanülierungsschema hilfreiche Impulse.

Letztlich aber ist wichtig festzuhalten, dass alle Phasen der Diagnostik und Therapie immer eine interdisziplinäre Entscheidung sind. Ärzte, Pflegende und Therapeuten sind gleichermaßen beteiligt und erforderlich.

Kölner Befundsystem für Schluckstörungen – Schwerpunkt Trachealkanülen-Management

Geschrieben von Alexander Fillbrandt
Alexander Fillbrandt ist Logopäde mit den Schwerpunkten Trachealkanülenmanagement und Dysphagie. Er schreibt gern über logopädische Themen und ist begeisterter Therapeut, Dozent und Autor. Profil

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