Immer wenn es um die Durchführung einer endoskopischen Schluckuntersuchung (FEES) geht, kommen Protokolle ins Spiel. Sie geben den Ablauf vor und richten sich nach der Fragestellung. Denn wichtig zu wissen ist: Bei unterschiedlicher Fragestellung läuft eine FEES zwingend anders ab.
Jeder Patient ist anders. Das ist keine Überraschung. Aber auch nicht jede FEES ist gleich. Ganz im Gegenteil. Eine FEES geht immer mindestens einer Fragestellung nach. In der Regel ist das die Frage nach der Schluckfähigkeit. Allerdings sind so allgemein formulierte Fragestellungen nicht immer sinnvoll.
Protokolle für die FEES sind eine Art standardisiertes Vorgehen, abhängig von der Fragestellung. Sie weichen vom Standard-Protokoll ab und gehen einer sehr konkreten Fragestellung nach. Dies zeigt sich zum Beispiel an der Reihenfolge überprüfter Konsistenzen aber auch an der Auswahl der Konsistenzen.
Fragestellung: Dekanülieren?
Für Patientinnen und Patienten mit einer Trachealkanüle steht ein Protokoll aus Münster zur Verfügung (Prof. Warnecke et.al.2013) das versucht, ein verlässliches Ergebnis zu liefern.
Der Ablauf ist sehr linear. Eine bestimmte Konsistenz wird geprüft mit einem besonderen Augenmerk auf genau definierte mögliche Hauptbefunde. Sind diese Hauptbefunde identifizierbar, ist das Abbruchkriterium erfüllt. Sofern die entsprechenden Befunde pro Konsistenz nicht beobachtbar sind, wird mit der nächsten Konsistenz fortgefahren. Ein Abbruch im Ablauf ergibt ein negatives Ergebnis – Dekanülierung nicht möglich.
Ablauf
Das entscheidende Element ist bei diesem FEES-Protokoll die Beobachtung des Pharynx in Ruhe und die Identifikation möglicher Speichelansammlungen. Besonders die Reaktion auf mögliche Penetration und Aspiration sind wichtige Kriterien.
Außerdem wird im Rahmen des Dekanülierungsprotokolls auch beobachtet, mit welcher Frequenz der Patient schluckt und ob ein Hustenreflex auslösbar ist.
Bei den Konsistenzen, die in der Reihenfolge halbfest und dann flüssig, getestet werden, sind nur vollständige und stille Aspiration ein negativer Hauptbefund. Besonders hier unterscheidet sich das Dekanülierungsprotokoll stark von Protokollen, bei denen es um die Oralisierbarbeit der Patienten geht.
FEDSS bei akutem Schlaganfall
Der Münsteraner-Dysphagie-Score, vorgestellt als fiberoptic endoscopic dysphagia severity scale, ist konzipiert für akute Schlaganfälle. Bei eben dieser Patientengruppe stellt er den Schweregrad der Dysphagie dar. Er eignet sich sehr gut für Schluckuntersuchungen auf einer Stroke Unit, bei denen das G.U.S.S. im Ergebnis eine FEES empfohlen hat.
Zunächst wird das Speichelmanagement beobachtet. Augenmerk auf die Hauptbefunde stille Penetration bzw. Aspiration. In Kombination mit einem massiven Speichelaufstau ist das Ergebnis gesichert und die Schluckuntersuchung kann beendet werden.
Ist ein angegebener Hauptbefund nicht zu erheben, dann geht es weiter im Protokoll. Nach der Beobachtung von Speichel wird eine halbfeste Konsistenz überprüft, dann Flüssigkeiten und zum Schluss eine feste Konsistenz.
Ergebnis
Der Score gibt schließlich Anregungen für ein ideales Vorgehen bei der Oralisierung.
Score 6: | Schutzintubation sollte erwogen werden |
Score 5: | keine orale Ernährung |
Score 4: | vorsichtige Oralisierung in der Logopädie |
Score 3: | weiche Kost, keine Flüssigkeiten |
Score 2: | weiche Kost, ggf. Flüssigkeiten andicken |
Score 1: | keine Dysphagie |
Tensilon® Test
Tensilon® wird bei Patienten eingesetzt, um die Diagnose Myasthenia Gravis zu sichern.
Zunächst wird pro Konsistenz ein Schluckversuch durchgeführt. Dabei wird nach typischen Pathologien gesucht, wie sie im FEES-Standard-Protokoll definiert sind: Penetration, Aspiration, deutliche Retention und unter Umständen auch Leaking. Direkt im Anschluss wird Tensilon® i.v. gegeben und der Schluckversuch wird wiederholt. Kommt es unmittelbar zu einer Besserung des Hauptbefundes, ist das Vorhandensein einer Myasthenia Gravis wahrscheinlich.
Stärke unterschiedlicher Protokolle
Aber gerade die unterschiedliche Bewertung einiger Hauptbefunde wie Penetration, Reflexauslösung und Frequenz machen die Protokolle für die FEES so wertvoll. Eine sichere orale Verarbeitung aller Konsistenzen ist für die Frage, ob eine Trachealkanüle entfernt werden kann, eben auch nicht relevant. Dafür gibt es andere Protokolle.
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Buchtipp
Quellen
- Warnecke T, Ritter MA, Kroger B, Oelenberg S, Teismann I, Heuschmann PU, Ringelstein EB, Nabavi DG, Dziewas R. Fiberoptic endoscopic dysphagia severity scale predicts outcome after acute stroke. Cerebrovasc Dis. 2009;28(3):283–289.
- Warnecke T, Teismann I, Zimmermann J, Oelenberg S, Ringelstein EB, Dziewas R. Fiberoptic endoscopic evaluation of swallowing with simultaneous Tensilon application in diagnosis and therapy of myasthenia gravis. J Neurol. 2008 Feb;255(2):224-30.
- Warnecke, T. et al. Standardized Endoscopic Swallowing Evaluation for Tracheostomy Decannulation in Critically Ill Neurologic Patients. Critical Care Medicine 41, 1728–1732 (2013).